Verbändeallianz Elektronik plädiert für massiven Bürokratieabbau: Überforderung des Mittelstands vermeiden

Die neu gegründete Allianz appelliert an Unternehmen, diesen Aufruf gegen Überregulierung bis zum 31.01.2025 online zu unterstützen, um der Initiative mehr Nachdruck zu verleihen. Anschließend wird die Allianz gegenüber politischen Entscheidungsträgern aktiv werden.
Was ist die Verbändeallianz Elektronik?
Die Allianz ist ein Zusammenschluss mittelständisch geprägter Verbände aus der Elektronikindustrie: Aktuell beteiligt sind die Component Obsolescence Group Deutschland e.V. (COGD), der Fachverband Elektronikdesign und -fertigung (FED) und der Fachverband Bauelemente Distribution e.V. (FBDi). Zusammen repräsentiert die Allianz etwa 1.000 Unternehmen, mehrere 10.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz in zweistelliger Milliardenhöhe.
1. Problemstellung: Überbordende Bürokratie und Berichtspflicht
Die deutsche Elektronikindustrie ist eine Schlüsselbranche für Innovationen und zählt zu den transparentesten und saubersten Industrien. Sie besteht aus vielen mittelständischen Unternehmen, die innovative Produkte für alle Industriezweige liefern. Allerdings kämpfen diese Unternehmen zunehmend mit wachsender Bürokratie und Berichtspflichten, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Besonders kleinere Betriebe, die keine spezialisierten Abteilungen haben, leiden unter der zusätzlichen Arbeitslast, die die Effizienz verringert. Die EU- und US-Regularien erhöhen den Aufwand enorm, obwohl die Probleme oft aus anderen Industrien stammen. Die Branche kritisiert eine Überregulierung und Überdokumentation mit begrenztem Nutzen, obwohl sie Umwelt- und Verbraucherschutz positiv gegenübersteht.
2. Beispiele für die Überregulierung und Bürokratieaufbau
Parallele nationale und europäische Regulierungen mit abweichenden Fristen und Zielen überfordern die Wirtschaft:
- EU-Richtlinie zum Nachhaltigkeits-Reporting (CSRD) und ESG-Richtlinien (mit Nachhaltigkeitsbericht) → sehr große inhaltliche Überschneidungen, aber andere Berichtsformate. Doppelarbeit.
- EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und nationales Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) → sehr ähnliche Zielsetzung, aber unterschiedliche Herangehensweise und Berichtsformate. Doppelarbeit.
- EU-Verpackungsverordnung und nationale Verpackungsregulierungen und Entsorgungssysteme → Undurchsichtiger Regelungswald mit teilweisen Überschneidungen und nationalen Alleingängen.
- EU-Batterieverordnung und nationale Batteriegesetze (z. B. Batterierecht-Durchführungsgesetz, BattVO) mit unterschiedlichen Fristen → inhaltliche Überschneidungen, nationale Alleingänge.
- EU-CO₂-Grenzausgleichssystem (CBAM) → gedacht für Aluminiumhütten, die Millionen Tonnen in die EU liefern, betrifft aber auch Handel mit Kühlkörpern in äußerst geringer Mengen. Dies führt zu Aufwand ohne irgendeinen Nutzen: Informationen sind in Drittländern kaum verfügbar. Hoher Reporting-Aufwand.
- EU-Verordnung zu entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) → vergleichbare Situation wie bei CBAM
- Die EU-Chemikalienverordnung REACH und die Datenbank für Informationen über besorgniserregende Stoffe (SCIP) beinhalten die gleiche Information. Eine Auswertung der SCIP-Datenbank hat ergeben, dass deren Inhalt aufgrund der Vorgehensweise unbrauchbar und nutzlos ist - nicht nur für die Elektronikindustrie.
3. Konsequenzen
Die Konsequenz aus der überbordenden Gesetzgebung ist ein unverhältnismäßiger Dokumentations- und Prozessaufwand, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit vieler mittelständischer Unternehmen gegenüber dem Nicht-EU-Ausland beschädigt.
Wenn man bedenkt, dass die gesamte Elektronikindustrie in Deutschland weniger als ein Zehntel des CO2-Fussabdrucks eines einzigen Braunkohlekraftwerks hat, aber jedes Unternehmen nahezu den gleichen Dokumentationsaufwand betreiben muss, müssen sich die Gesetzgeber Gedanken machen, ob hier die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.
Das langfristige Ergebnis einer solchen Politik ist die verstärkte Abwanderung von Industrien, was der EU-Initiative zu einer stärkeren strategischen Unabhängigkeit von China oder den USA zuwiderläuft.
4. Unser Appell/Lösungsvorschläge
- Reduktion, Vereinfachung und Vereinheitlichung der Gesetzgebung, Ausschluss redundanter europäischer und nationaler Regularien sowie massive Reduktion der Berichtspflichten für KMU.
- Beschränkung der ESG-Gesetzgebung auf ein europäisches Modell und den relevanten und realistischen Einflussbereich der Wirtschaftsakteure. Keine Doppel- und Kaskadenregulierung, sondern Konzentration der Gesetzgebung auf Hauptverursacher (Pareto-Prinzip) von Schäden, Emissionen und Rechtsverletzungen.
- Unterstützung von KMU bei der Erfüllung bestehender Berichtspflichten
- Längere Übergangsfristen
- Zusammenarbeit der Verbände mit den Behörden und Gremien, um hier praktikable Lösungen zu erarbeiten.
Wir rufen alle Verbände und Unternehmen unserer Industrie dazu auf, dieses Plädoyer für weniger Bürokratie und größeren Pragmatismus bei der Rechtssetzung zu unterstützen.
Hier können Sie den Appell gegen Überregulierung bis zum 31.01.2025 online unterstützen.
Die Mitglieder der Verbändeallianz Elektronik
FBDi und Distribution: Die Distribution für elektronische Bauelemente repräsentiert 1/3 des Marktes für Elektronikkomponenten (Chips) in Deutschland, also ca. 7 Milliarden Euro an Umsatz. Als Händler von High-Tech-Komponenten sind wir für 95% aller Kunden in der Elektronikindustrie – zehntausende mittelständischer Unternehmen – der wichtigste Partner zur Umsetzung von Innovationen. Der FBDi repräsentiert ca. 75% des o.g. Umsatzes. Zu unseren Kunden zählen neben dem gesamten Bereich der Automotive- und der Industrie-Elektronik die Kunden der innovativen Technologien von Telekommunikation bis hin zu künstlicher Intelligenz. Medizingerätehersteller und Kunden aus Aerospace & Defense beziehen ebenfalls aufgrund Ihres hohen Qualitätsanspruchs den Hauptanteil ihrer elektronischen Bauelemente über die Distribution.
Fachverband Elektronikdesign und -fertigung: Der FED vertritt die Interessen von 700 Mitgliedern, darunter Leiterplattendesigner und -hersteller, EMS-Firmen, EDA-Firmen, Prozess- und Technologiedienstleister sowie Anbieter von Fertigungsanlagen, Software und Verbrauchsmaterialien. Seinen Mitgliedern in Deutschland, der Schweiz und Österreich gibt der FED Orientierung und Unterstützung bei technischen Unternehmensprozessen und Entscheidungen. Schwerpunkt der Verbandsarbeit ist die Aufbereitung und Weitergabe von Fachwissen sowie die berufsbegleitende Qualifikation von Elektronikdesignern und Elektronikfachkräften.
COGD - Obsoleszenz und Risikomanagement: Der Verband COGD, als deutsches Cluster des IIOM (International Institute of Obsolescence Management), vertritt aktuell 175 Mitgliedsfirmen aus der DACH-Region und den Niederlanden, die sich mit dem Thema Obsoleszenz Management befassen. Hierbei werden Best-Practice Methoden entwickelt um die Risiken des OM proaktiv und strategisch zu verhindern oder abzuschwächen. Neben Dienstleistern für OM sind hier auch Distributoren und Produzierende Betriebe vertreten, u.a. auch aus der Medizintechnik, Automotiv & Zulieferer, Rüstung, Aviation, Transportation oder anderer langlebigen Investitionsgüter.
Kontakt:
Christoph Bornhorn
Geschäftsführer
Tel. +49(0)30 340 6030-60
c.bornhorn@fed.de